Als wir unsere Schäferhündin Freya 2016 zu uns holten, hatte ich die romantische Vorstellung, dass sie sich mit allen anderen Hunden versteht. Ich dachte, sie würde sich über jeden Hundekontakt freuen und wäre ganz wild auf das Spielen mit anderen Hunden. Ich sah mich lachend mit der wunderschönen Schäferhündin, die ausnahmslos auf mich hörte, über den Ostseestrand laufen. In meiner Vorstellung waren da auch viele andere lachende Menschen mit ihren fröhlichen, gehorsamen Hunden, die sich mit uns amüsierten.
Was war ich naiv und vor allen Dingen, was hatte ich für eine bescheuerte Vorstellung von Hunden und Menschen...
Wir (wir= mein holder Ehemann und ich) kümmerten uns damals jedenfalls schnell um eine Welpenschule-man wollte ja schließlich woke sein- aber diese Welpengruppe entpuppte sich für uns als ein Schuss in den Ofen. Freya hatte keinen Bock darauf (habe ich damals nicht erkannt). Sie fing an, die anderen Welpen anzubellen. Ok, bis dahin hatten wir sie noch nicht bellen hören und anfangs war dieser Laut noch soooo süß. Wir haben uns in etwa so gefühlt, wie Eltern von Kindern, die ihr Baby das erste Mal brabbeln hören.
Die Freude an diesem Gekläffe verging uns aber recht schnell. Da waren nämlich immer diese vorwurfsvollen Menschen, die uns mit Blicken, Gesten oder Sprache wissen ließen, dass sie uns als Versager-Hundemenschen einstufen. Peinlich war das-wir waren doch so sehr darauf bedacht, alles richtig zu machen und Kontakte zu anderen Hunden und deren Menschen zu knüpfen. Wir gingen später nicht in die höhere Klassenstufe: die Junghundegruppe. Ich höre sie heute noch erleichtert aufatmen.
Nach der Welpenschule haben wir Freya noch einige für sie ebenso wenig erfreuliche Kontakte zu anderen Hunden ermöglicht, damit sich ihr Verhalten dann echt in ein sogenanntes Problemverhalten entfalten konnte. Die Kontakte liefen eigentlich immer ähnlich ab. Die Menschen sagten uns, wie süß unsere Freya ist und fragten, ob sie nicht mit ihrem Hund spielen darf (manche fragten auch nicht). Wir wollten natürlich auch eine Spielgesellschaft von Hunden sehen und schon ging es los. Der fremde Hund sprang in Richtung Freya und sie kläffte. Sie perfektionierte ihr Erscheinungsbild im Laufe der Zeit zu einer keifenden Bestie. Es war selbst für mich als hundeunerfahrenem Mensch klar: Freya will das nicht. Mich beschlich langsam der Gedanke, dass meine Hündin asozial ist. Ein echter Schock, denn ich las gerade ein Buch darüber, dass der Hund ein Spiegel ist.
Erst viel später erkannte ich, dass Freya eine Persönlichkeit hat, die solche Situationen unmöglich findet. Aber dazu weiter unten im Text.
Was mir damals am meisten fehlte, war der Respekt vor mir selbst und vor Freya. Was meine ich damit? Ich war so fremdbestimmt von Hundeleuten, die als Experten auftraten, dass ich meiner eigenen Intuition nicht gefolgt bin. Freya hat mich auf mein unnatürliches Verhalten nur aufmerksam machen wollen.
In der Welpengruppe beispielsweise, waren Hunde, die auf Freya raufsprangen und sie jagen wollten- dort nannte man es: "Spielen".
Da hatte sich echt so eine kleine Rowdy-Mobber-Truppe von Zwergen gebildet, die anderen Hunden auf den Sack ging. Die Trainerin sagte dazu, dass wir Freya keinen Schutz geben sollen. Sie sollte das alleine bewältigen. Außerdem äüßerte sie, dass Freya schließlich eine Deutsche Schäferhündin ist. ÄHHH? Mein Gefühl damals schrie mich innerlich an, nicht auf diese Experten-Person zu hören....aber ich tat es trotzdem.
Ich hatte schließlich noch nie mit einem Hund zusammengelebt, kannte keine Hunde-Lehrmethoden, keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Lernverhalten von diesen Wesen...ich war eine absolute Plinse in dieser Beziehung. Ich war ein Nichts und machte alles falsch- dachte ich.
Heute weiß ich, nachdem ich Lehrgänge zu Hundethemen belegt habe, wissenschaftliche Bücher gelesen habe und Studien und was weiß ich noch alles zu diesen Themen studiert habe, aber vor allen Dingen seit ich tagtäglich mit mehreren Hunden zusammen bin (Gassiservice)- das brauche ich nicht. Ganz im Gegenteil- es verklärt die Wirklichkeit und nimmt den natürlichen Zauber vom Menschen und vom Hund. Ich habe mich und Freya erkannt und wir wissen jetzt selbst, wie wir achtsam mit uns umgehen.
Ich werde jetzt nicht näher auf die Körpersprache eingehen, die weich ist bei einem guten Hundekontakt. Auch werde ich nicht weiter ausführen, dass meiner Meinung nach nur Hunde, die sich schon kennen und bei denen alles "gesittet" abläuft, die besten Spiel- und Schnüffelkumpels sind. Ich will folgendes sagen: Erkenne dich selbst und erkenne deinen Hund!
Ich fang mal bei dir an- nein, besser bei mir: Ich mag es gern, wenn ich die Übersicht habe, und gut erkennen kann, was um mich herum geschieht. Ich umgebe mich gern mit Menschen, die sich selbst beschäftigen können und mir über diese Dinge berichten. Ich mag keine Zerstreuung in Form von Unterhaltungsveranstaltungen, ich liebe die Natur...Diese Liste könnte ich meilenweit fortsetzen. Wichtig aber ist, dass ich in meinem Leben darauf achte, Entsprechungen zu finden. Ich gestalte mein Leben danach. Gerne sage ich: Ich umgebe mich mit den Energien, die meiner sehr ähnlich sind. Sollte mal etwas dazwischenrutschen, was mir nicht entspricht-vielleicht ein Gespräch mit einer Shoppingqueen- gestalte ich das kurz und bündig und ohne viel körperliche oder emotionale Nähe. Anders ausgedrückt bedeutet das, wo ich nicht im Einklang mit anderen bin, brauche ich die Möglichkeit des Aus-dem-Weg-gehens oder zumindestens des Inruhe-gelassen-werdens.
Es gibt Gott sei Dank ganz viele Menschen, die völlig anders sind- die die Unterhaltungsprogramme lieben, die gern ins Restaurant gehen, die ins Fußballstadion gehen...- aber ich brauche das nicht und begebe mich deshalb in mein Umfeld. Meine besten Kontakte sind Kontakte mit ähnlich schwingenden Menschen und Wesen.
Da ich Hunden Charakter, Persönlichkeit, Selbstbewusstsein usw. zuschreibe, denke ich, dass es bei Hunden ähnlich ist. Auch sie wollen Kontakte mit gleichschwingenden Artgenossen. Aber wenn das mal nicht möglich ist, wollen sie zumindestens dem Gegenüber aus dem Weg gehen können oder sich mit ihm in einer geordneten Situation wiederfinden.
Freya, meine Schäferhündin ist beispielsweise eine Beobachterin, eine Ordnungshüterin, die es gern ruhig angehen lässt, aber auch mal dazwischen haut ohne gewalttätig zu werden (Der Hund als Spiegel?) und die wirklich ganz selten spielt und wenn dann nur mit Hunden, die sie kennt und die auch schnell wieder zur Ruhe kommen. Es gibt aber natürlich auch Hunde, die rummallen, als gäbe es kein morgen und das richtig gut finden, warum auch nicht. Hunde sind eben manchmal auch nur Menschen.
Bei den Menschen und bei den Hunden gibt es so viele unterschiedliche Charaktere. Sie werden aber, unberücksichtigt ihrer individuellen Wesenszüge, zusammengehalten- in Schulen, Vereinen, Arbeitsstätten, Hundegruppen usw. Das muss zu Konflikten führen, wenn sie keinen Weg finden, damit umzugehen. Wie das Wort umgehen schon sagt, kann man die Problemsituationen möglicherweise umgehen, im Sinne von drumherum gehen oder ausweichen.
Wenn wir wissen, wer wir sind und wer der Hund ist mit dem wir zusammenleben, erkennen wir, welche Kontakte gut sind und welche nicht. Eigenbeobachtung und Beobachtung des Hundes sind wesentlich. Ich weiß, dass viele Menschen nicht die Möglichkeit haben oder hatten, den eigenen Hund in vielen Hundekontakt-Situationen zu beobachten oder gesehen zu haben, die gut oder weniger gut waren. Dennoch kann man seinen Hund studieren und weiß, wann er sich wohl fühlt und wann nicht. Aber auch sich selbst muss man kennen. Wann fühlt man sich wohl, wann nicht? Was ist freie Entscheidung, was ist Zwang? Nach dem Erkennen kommt das Handeln.
Weiche Kontakten aus oder vermeide Kontakte bei denen ihr euch nicht wohl fühlt und sucht gleichschwingende Wesen. In weniger passenden Kontaktmomenten, die nicht zu vermeiden sind, schafft Ordnung. Vieles schafft man vielleicht nicht von heut auf morgen. Aber man kann heute anfangen und morgen weitermachen- Schritt für Schritt.
Wer jetzt behauptet: Aber man muss ja!- der muss so weiter leben, wie bisher.