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Hunde vermenschlichen

Melanie • 7. Juli 2024

Vermenschlichung von Hunden: was ist das und darf man das?

"Du sollst deinen Hund nicht vermenschlichen!" klingt es aus den Mündern vieler Hundeexperten und Mitmenschen- fast schon so, wie eine Gebot aus der Bibel. Hundetrainer und der ganze "Tross" an wissenschaftlichen und weniger wissenschaftlichen Experten begründen es gerne damit, dass das schädlich für die Hundeerziehung ist. Mit Hundeerziehung meinen sie dann meist eine auf Lerntheorien begründete Zurechtschleifung des Hundes-gern mit Leckerliezwang. Aber auch Nichtexperten schütteln den Kopf, wenn ich mit meinen Hunden in der Öffentlichkeit in ganzen Sätzen rede und vielleicht noch so was sage wie: "Mama geht mal kurz weg, bleibt schön hier sitzen." Ja, nee mir ist schon klar, dass ich biologisch gesehen nicht wirklich die Mama meiner Hunde sein kann- aber ich habe die Verantwortung und Fürsorgepflicht für meine Hunde. Außerdem bin ich authentisch, wenn ich in ganzen Sätzen spreche und nicht wie ein Automat Sprachfragmente raushaue. Nebenbei bemerkt dürfen andere sich doch auch jenseits der Biologie identifizieren- ganz legal.

 

Aber zurück zum Begriff Vermenschlichen ("Alleswisser" nennen es Anthropomorphismus ) : Ich werde hier zwei Perspektiven aufgreifen, die mir begegnet sind. Die erste ist allgemeinerer Art und die zweite wird in dem "Haifischbecken" der Hundeexperten benutzt. Sicher gibt es noch mehrere, aber die beiden interessieren mich nun mal am meisten. 

Die allgemeine Definition lautet; "Wenn die Liebe zum Hund so weit geht, dass er den gleichen oder gar einen höheren Stellenwert einnimmt als Mitmenschen." -Diese Bedeutungszuschreibung kann ich ganz schnell abarbeiten. Natürlich sind mir meine Hunde wichtiger, als viele Menschen, die auf dieser Erde wandeln. Zum einen kenne ich die meisten nicht, zum anderen gruselt es mich bei dem, was ich oft höre oder sehe. Ich denke bloß an die Nachrichten. Außerdem lebe ich in einem Land in dem laut einer Forsa-Umfrage und CarGurus.de, jedem zehnten Autobesitzer der Wagen wichtiger als der eigene Partner ist. Das nenne ich mal schräg!

 Folgerichtig kann ich mich in Bezug auf diese erste Definition nur als schuldig bekennen: "Ja, ich vermenschliche meine Hunde."


Nun zur zweiten Begriffsbestimmung: In der Hundeexpertenszene gilt es als Vermenschlichung von Hunden, wenn man diesen menschliche Gefühle, Absichten und Denkweisen unterstellt oder zuweist- eine Todsünde in der Verhaltensbiologie.


Selbstbewusstsein, kreative Problemlösungen, abstraktes Denken oder planhaftes Vorgehen bei Hunden- wie kannst du so was behaupten, du Sünder? Auf diese Frage antworte ich: Na, weil ich jeden Tag mit Hunden zusammen bin und das beobachte. Ich sehe beispielsweise Wotan beim Abendessen - er isst auf und läuft danach theatralisch zum Zaun. Dort bellt er aufgeregt und wartet bis Langsam-Esserin Freya, ihren vollen Napf stehen lässt und ihm wegen des imaginären Eindringlings zu Hilfe kommt. Er läuft noch mal ein paar Mal am Zaun lang und lässt dann die pflichtbewusste Schäferhündin am Zaun kläffen. Der kleine Trickser geht ganz nach Plan zu Freyas Napf und isst.

 

Oder noch was: Manchmal möchte ich nicht, dass Freya durch Pfützen läuft, weil ich zu faul bin, sie sauber zu machen. Ich spreche dann in ganzen deutschen Sätzen (irgend wozu muss das Germanistikstudium nütze sein) und bitte sie, nicht durch die Wasserlache zu laufen. Bei der ersten Pfütze geht sie auch noch rum, bei der zweiten ist sie fast vorbei und dann platsch...nee, nur eine Andeutung, aber dann der Blick nach dem Motto: "War nur Spaß." Sie hat in meiner Welt jedes Wort verstanden. Worte sind eben auch nur Energie und im Energie wahrnehmen sind Hunde Meister.

 

Ach, alles nur Quatsch höre ich sie rufen. Aber Moment mal. Als ich mich schon ganz allein mit meiner Wahrnehmung sah und ich mich ganz allein fühlte, obwohl der Mensch doch so nach Zugehörigkeit zu einer Gruppe strebt, kam ein Retter in der Not. Dieser Mensch war ein Verhaltensbiologe. Er sagt, wir müssen Tiere wieder vermenschlichen, mit ihnen in ganzen Sätzen reden (Meisen reden auch in Sätzen) und er schreibt den Tieren menschliche Eigenschaften zu. Sein Name ist Karsten Brensing. Er hat interessante Bücher geschrieben, zum Beispiel das Buch: "Die Sprache der Tiere". -Nun sind wir wenigstens schon zu zweit- der Verhaltensbiologe und ich.-
 

Und jetzt mal ganz ehrlich: wieviel Schaden kann man anrichten, wenn man seinen Hund vermenschlicht? Wenn man ihn behandelt, wie sein Kind? Ich meine damit nicht, dass man ihn in Klamotten steckt und Partys feiert...lauter so unnatürliches Zeug. Ich denke dabei an Regeln aufstellen und diese auch durchsetzen, Vorbild sein und ihn bedingungslos lieben, mit ihm komplex kommunizieren- in der menschlichen Lautsprache, aber auch mit der Köpersprache, die beide erkennen... Ihn nicht als ein unterbemitteltes Wesen zu sehen, das den ganzen Tag mit einzelnen Kommandos oder Leckerlis unter Kontrolle gestellt wird. Auch eine ständige Belohnung ist auf Dauer eine Strafe- nämlich, wenn sie mal wegfällt. Denkt dabei an gute Schüler, die es gewohnt sind nur Einsen (schulische Leckerlies) zu schreiben. Wenn die mal eine Zwei bekommen, ist das Stress. Auch Hunde, die auf Leckerlies getrimmt werden, machen sich so ihre Sorgen, wenn diese ausbleiben- wie beim Abgewöhnen im Hundetraining.

 

Hunde sind keine ausgeklügelten Maschinen oder eine Black Box und auch nicht instinktgesteuert.
 
 

" Instinkt ist nur ein Label für etwas, was man nicht verstanden hat. Man hat jahrzehntelang vergeblich versucht, ihn zu belegen. Deswegen sagt die Verhaltensbiologie heute: Es gibt keinen Instinkt. Die eigentliche Frage ist, was Verhalten steuert. Es sind zwei Mechanismen, die wir gut kennen: Denken und Fühlen. Und jedes Tier mit einem einigermaßen entwickelten Nervensystem kann beides." (Karsten Brensing)
 


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